01 Februar 2015

Rezension: Lindner, Lilly - Was fehlt, wenn ich verschwunden bin


Inhalt

April ist fort. Seit Wochen kämpft sie in einer Klinik gegen ihre Magersucht an. Und seit Wochen antwortet sie nicht auf die Briefe, die ihre Schwester Phoebe ihr schreibt. Wann wird April endlich wieder nach Hause kommen? Warum antwortet sie ihr nicht? Phoebe hat tausend Fragen. Doch ihre Eltern schweigen hilflos und geben Phoebe keine Mög

lichkeit, zu begreifen, was ihrer Schwester fehlt. Aber sie versteht, wie unendlich traurig April ist. Und so schreibt sie ihr Briefe. Wort für Wort in die Stille hinein, die April hinterlassen hat.

„Und wenn dann ein neuer Frühling kommt, mit einem neuen April, dann werde ich deinen Namen flüstern. An jedem Tag.“



Zur Autorin

Bei dem Buch „Was fehlt, wenn ich verschwunden bin“ handelt es sich um das erste Jugendbuch von  der Bestellerautorin Lilly Lindner. Sie wurde 1985 in Berlin geboren und ist die Tochter deutsch-koreanischer Eltern. 2011 veröffentlichte sie ihre Autobiografie „Splitterfasernackt“, die unmittelbar nach dem Erscheinen zum Bestseller wurde. Weitere Romane von ihr sind „Bevor ich falle“ und „Da vorne wartet die Zeit“ sowie der zweite Teil ihrer Autobiografie „Winterwassertief“.
Vorweg ein paar Worte zum Cover:
Ich glaube, dass ich in einer Buchhandlung nicht zu diesem Buch gegriffen hätte. Das liegt vor allem daran, dass Blau nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfarben zählt. Aber umso mehr man sich auf das Cover einlässt, umso schöner und vor allem aussagekräftiger wird es. Ich könnte mir für diese Thematik kein Passenderes und Treffenderes vorstellen. Die wegfliegenden Vögel von dem Wort „Ich“ verleihen dem Titel die symbolische Bedeutung.

Meine Meinung

Ich muss gestehen: Lilly Lindner war mir bis dato kein Begriff und ich freute mich sehr, dass ich dieses Buch von Lovelybooks erhalten habe und somit diese wunderbare Autorin kennen lernen durfte.
Die Geschichte von diesen zwei außergewöhnlichen Geschwistern Phoebe und April, ihren überforderten Eltern und der zerstörerischen Krankheit hat mich tief berührt und betroffen gemacht. Lilly Lindner hat es geschafft, die Protagonisten für den Leser lebendig zu machen, man kann nicht anders, als mit den beiden Schwestern mitzufühlen, sich auf ihre innere Welt einzulassen, die Lindner mit glasklarer, poetischer und kostbarer Sprachgewalt zum Ausdruck bringt.  
Ich würde keinesfalls anraten, dieses Buch einfach so zwischendurch zu lesen. Ich glaube, hierbei könnte der Sinn und Zweck dieses Buches verfehlt werden. Es handelt von einer nur schwer zu ertragenden Geschichte, die mich mehr als nur einmal wütend hat werden lassen. Richtig wütend! Der Leser spürt, dass die Autorin weiß, wovon sie spricht. Sie war ebenfalls magersüchtig und musste vieles in ihrem Leben erleiden… nur, was man selbst durchlebt und durchlitten hat, vermag man auf solch eine authentische und einfühlsame Weise zu beschreiben, wie es Lilly Lindner in diesem wirklich großartigen Werk tut.
Obwohl das Buch nur aus Briefen besteht und diese Form nicht unbedingt meine bevorzugte ist, da ich schon erlebt habe, dass solche Bücher oft an der Oberfläche bleiben, bringt die Autorin eine unwahrscheinliche Tiefe und Reife in das Buch hinein. Anfangs habe ich mir die jene Aussagen, die mich berührt haben, mit einem Post-it markiert, aber das habe nach ca. 150 Seiten aufgegeben, da es einfach zu viele sind. Ich muss zugeben, dass es mir an manchen Stellen etwas zu viel war und desöftern auf mich zu aufgesetzt wirkte, vor allem angesichts des Alters von Phoebe. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen, weshalb ich mich dafür entschied, dem Buch nur 4 Sterne zu geben. Leider gelang es mir nicht, über das Alter von Phoebe hinwegzusehen.
Besonders toll fand ich es, dass das Buch zweigeteilt war und ich freute mich sehr, dass die Autorin uns auch April näher brachte. Dies brachte für mich das Fass zum Überlaufen. Dieser Schmerz und die unglaubliche Sehnsucht dieser zwei Schwestern nacheinander, ihre gleichen Ziele und Wünsche, nämlich die Welt mit Wörtern zu bereichern… klasse!  

"Ich schenke dir meine liebsten Worte. Damit du wieder ganz viel sprechen kannst, so wie früher. Denn kein Schmerz der Welt ist größer als dein Verstand. Und keine noch so hungrige Stille hat das Recht, deine Stimme zu verschlucken." (Seite 267)

Trotz der Schwere dieses Buches gab es auch Stellen, an denen mich die Autorin herzhaft zum Lachen brachte. Unglaublich, wie durch die Feder von Lindner Wortbedeutungen und Wortspiele entstanden, über die ich nur staunen konnte.

Für mich nicht unbedingt in der Kategorie „Jugendbücher“ einzuordnen, da das Buch und vor allem dessen dahinterstehende Bedeutung nicht leicht zu verstehen und nicht so einfach wegzustecken ist. Es würde sich meiner Ansicht nach jedoch eignen, dies mit einer Schulklasse zu erarbeiten.

Fazit 

Das Buch hat mich zutiefst berührt und mich zugleich extrem wütend gemacht. Es hat mich zum Reflektieren meines eigenen Verhaltens animiert. Wie viele solch ähnliche Geschichten gibt es doch wahrscheinlich unentdeckt um mich herum? Wie oft reagiere ich vielleicht selbst so und verweigere Menschen meine Beachtung? Wie viel Sensibilität, Empathie, Akzeptanz und Toleranz brauchen wir doch im täglichen Umgang miteinander?! Eine klare Lesemempfehlung!

Danke für das Leseexemplar!



5 Kommentare:

  1. Hallo Surya!

    Ich hab auf Lovelybooks natürlich die Verlosung vom Fischer Verlag mitbekommen :) ... Ich gestehe, ich mag solche Geschichten nicht besonders, aber nachdem meine ältere Schwester bald Geburtstag hat, weiß ich jetzt wenigstens, was ihr mitbringe, wenn ich bald nach Anif nach Hause fahre :).

    Liebe Grüße und danke ♥
    Lissi

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  2. Ein schönes Geschenk - ich würde mich jedenfalls freuen ♥♥
    Wünsch euch eine schöne Geburtstagsfeier!
    Liebe Grüße aus dem Nachbarbundesland ☺
    Surya

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    1. Groß wird sie eh nicht werden, die Feier, weil sie eigentlich nicht gern feiert, aber zumindest kommt die ganze mittlerweile recht verstreut lebende Familie zusammen :). Hat auch was Gutes :D.

      Liebe Grüße zurück ;)
      Lissi

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  3. Hallo liebe Surya,

    ich muss gestehen, dass mir die Autorin bisher auch unbekannt war. Aber das Buch klingt wirklich schön, manchmal mag ich "solche" Geschichten doch recht gerne. Ich kann mich auch erinnern, dass ich "Wintergirls" von Laurie Halse Anderson, das sich ebenfalls um das Thema Magersucht dreht, sehr gut fand.

    Vielen Dank für den Tipp :)

    Liebe Grüße
    Sas // kopfkino.sasverse.de

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    1. Hallo liebe Sas,

      leider kenne ich auch "Wintergirls" noch nicht... werde mir das ebenfalls näher anschauen. Danke auch dir für den Tipp :)

      liebe Grüße
      Surya

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